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Archiv für die Kategorie ‘Rezensionen’

Berlin führt elektronische Fußfessel ein

14. Februar 2012 Kommentare ausgeschaltet

Am 14. Februar machte der Berliner Senat der Weg frei für ein neues Mittel der staatlichen Kontrolle. Die elektronische Fußfessel soll demnächst bei Gefangenen mit Sicherheitsverwahrung eingesetzt werden, aber auch für Untersuchungshäftlinge. Vor allem Häftlinge die wegen vermeintlicher Fluchtgefahr in Untersuchungshaft sitzen, sollen mit dem Satelliten gestützten System ausgestattet werden. Ganz netter Nebeneffekt bei so einer Maßnahme dürften auch die Bewegungsprofile der „Gefesselten“ sein. Je nach Einstellung des Bewegungsradius dürften bei laufenden Ermittlungen interessante Bewegungsmuster entstehen. Allerdings zeigt die Mobilfunküberwachung in Berlin ebenfalls, dass viele Bereits etwas ähnliches in der Hosentasche tragen.

http://www.tagesspiegel.de/berlin/innere-sicherheit-berlin-fuehrt-elektronische-fussfessel-ein/6209492.html

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Die neue Entfesselt ist draußen

10. Februar 2012 Kommentare ausgeschaltet

Die neue Ausgabe der Entfesselt kann hier runtergeladen werden.

Hier etwas aus dem Vorwort:

Blicken wir auf das Jahr 2011 zurück, so schweifen unsere Gedanken in all die aufständischen Momente, die wir von weit weg aber auch hautnah miterleben durften.

Der Arabische Frühling versprühte Neugierde, Hoffnung, aber auch Ungewissheit. Neugierde auf die Schritte die Revoltierenden, Hoffnung darauf, dass sie wohl ähnlichen Gang in Richtung der Befreiung gehen werden würden, wie wir es uns vielleicht wünschen und Letzteres, die Ungewissheit, weil die Revolten, in denen sich unterschiedlichste Menschen wieder finden, ein Experiment sind. Die Wut auf all das, was uns von unserer Freiheit auf Selbstbestimmung trennt, gemischt mit der Entschlossenheit und der Spontanität des Angriffs wird zum Funken, der das Pulverfass explodieren lässt. Ein Aufstand gegen die Normalität, gegen den Alltag, entgegen der Gleichgültigkeit derer, die uns demokratische Werte vermitteln, die uns in Normen und Gesetze pressen und uns unsere Rechte erklären wollen. Dass die Aussicht nach neuen Horizonten und Perspektiven allein bei uns liegt, ist das Faszinierende dieser Momente. Und die Ungewissheit macht sie erst wirklich spannend…
(…)
Doch wie stellen wir uns eigentlich eine Revolte vor? Als ein durch geplantes Massenspektakel? Als eine Operation Eine Revolte, die ohne offene Fragen an uns vorbei zieht und nur symbolisch all das zerstört, was offensichtlich das „Böse“ repräsentiert; eine Revolte, die uns nicht an die Grenzen unserer Theorie und Praxis drängt, möchten wir nicht als Revolte, sondern vielmehr als Reaktion, als Intervention, womöglich als Reflex, bezeichnen. Gerade die offenen Fragen sind für uns die Basis, damit wir zusammenkommen und Teil dessen sein können, was all die Umstände verschwinden lässt, damit die kapitalistische Verwertbarkeit des Menschen unmöglich wird.

via abc-berlin.net

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Thomas Meyer-Falk: Das Ende der Sicherungsverwahrung – eine Rezension

28. Januar 2012 Kommentare ausgeschaltet

Druckfrisch liegt nun seit Anfang Januar das Buch des seit Jahrzehnten im Umgang mit Gefangenen erfahrenen Sozialarbeiters und Bewährungshelfers Peter Asprion (Freiburg) vor. Auf knapp 200 Seiten, erschienen im Herder-Verlag, gibt der Autor den von Sicherungsverwahrung betroffenen Menschen ein Gesicht.

Jedoch hat Asprion dabei insbesondere die aus der SV frei gelassenen „Altfälle“ im Blick und stellt exemplarisch zwei zur Zeit in Freiburg lebende Ex-Verwahrte vor, welche nach wie vor, also nach über einem Jahr in Freiheit, von der Polizei Tag und Nacht bewacht werden. Er entdämonisiert sie nachdrücklich.

Fast ist man ein wenig verwundert, dass ein Sozialarbeiter mit der Vita Asprions, der ganz offen mit den Ideen abolitionistischer Denker sympathisiert, es zwei Jahrzehnte in einem Gefängnis ausgehalten hat, bevor er dann in die Bewährungshilfe wechselte.

Wie einen roten Faden durchzieht das Buch der eindringliche Appell, die SV abzuschaffen und vor allem die Verwahrten und Ex-Verwahrten, wie überhaupt Straftäter nicht als Dämonen anzusehen. Auf Seite 32 schreibt Asprion: „Letztlich erscheint Dämonisierung als ein Versuch des Menschen, für das Übel, das Schlechte, das Böse einen ursächlichen Grund zu finden, den man ausmerzen kann“.

Dieser Satz beschreibt deutlich ein wesentliches Moment (nicht nur, aber auch) bundesdeutscher Kriminalpolitik, wie auch Presseberichterstattung.

Sich in die Niederungen der Akten begebend, weist der Autor nach, wie selbst Gutachter, die eine Erprobung der Betroffenen im Rahmen von Vollzugslockerungen einfordern, letztlich bei Vollzugsanstalten wie gegen eine Wand laufen, die nämlich nicht das geringste Risiko einzugehen gewillt sind.

Neben den zwei ausführlichen Portraits aus der SV Entlassener, finden sich in dem Buch alle relevanten Informationen über Historie und auch statistische Entwicklung im Bereich SV kurz und prägnant auf den Punkt gebracht. Peter Asprion nimmt sich jedoch auch des für die Diskussion so wichtigen Themas der Angst an; wie gehen „wir mit unserer Angst um?“, fragt er und gibt Antworten.

Interessant sind sicherlich gleichfalls die kurzen Einblicke in die Einstellungen jener Polizeibeamter, die die beiden Ex-Verwahrten bewachen. Und gegen Ende des Buches stellt Asprion ganz eindringlich die Rationalität der Behauptung, in der Sicherungsverwahrung säße angeblich der „harte Kern der gefährlichen Täter“, in Frage.

Abgerundet wird das Buch durch einen sehr lesenswerten und analysierenden Einblick in den Verlauf von Begegnungen einer ehrenamtlichen Betreuerin, mit einem der beiden porträtierten ehemaligen Sicherungsverwahrten.

Auch wenn die Abschaffung der SV nicht zu erwarten ist, so kann Asprions Buch doch wichtige Impulse, ob zur Versachlichung, wie auch zur Vermenschlichung der Diskussion geben. Für die Anti-Knast-Arbeit ist dieser Blick eines Insiders hinter die Kulissen gewiss auch nicht zu unterschätzen.

Andererseits darf man sicherlich die Wirkung des Buches nicht überschätzen, denn es gibt mittlerweile den sogenannten „üblichen Kreis der Verdächtigen“ von Juristen und Psychiatern, die gerne auch zu öffentlichen Anhörungen im Bundestag, dort im Rechtsausschuss, geladen werden, um sich sachverständig zu geplanten Gesetzesänderungen im Strafrecht zu äußern, jedoch letztlich nur noch die Rolle eines Feigenblattes inne haben. Denn ihre Rufe nach mehr Sachlichkeit, mehr Rationalität verhallen in Politik, Medien und weiten Teilen der Justiz ungehört und unbeachtet.

Nichtsdestotrotz ist Kritik und Widerstand unerlässlich. Hierzu kann das
Buch seinen Beitrag unzweifelhaft leisten.

Biografische Angaben

Peter Asprion „Gefährliche Freiheit? Das Ende der Sicherungsverwahrung“
Herder Verlag (2012), ISBN 978-3-451-30533-7, Preis: 16,99 Euro
200 Seiten

Thomas Meyer-Falk
c/o JVA – Z. 3113
Schönbornstr. 32
D-76646 Bruchsal

www.freedom-for-thomas.de
www.freedomforthomas.wordpress.com

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